Pop-Punk mit Haltung: This Time For Real im Interview

  • Ein Beitrag von Gastautor Mario Hartwig

Es gibt Debüts, die mit jugendlicher Unschuld daherkommen – und es gibt solche, die direkt mit der Tür ins Herz fallen. This Time For Real gehören definitiv zur zweiten Kategorie. Mit ihrer EP 'Fuck Heartbreak, I’m Over It' (VÖ: 28.03.2025) liefern Fee, Arne und Band einen Soundtrack für alle, die sich zwischen Wut und Akzeptanz, Trennungsschmerz und Befreiung bewegen. Ein Abgesang auf gebrochene Herzen? Vielleicht. Ein Aufbruch? Ganz sicher.

Und apropos Aufbruch: Am 26. April 2025 stehen This Time For Real auf der Bühne des Queer Music Festivals in der Leipziger naTo, um ihre neuen Songs live zu präsentieren. Im BOUYGERHL-Interview sprechen sie über musikalische Chemie, queere Sichtbarkeit und die Kraft eines Schlussstrichs.

Interview mit This Time For Real

Bouygerhl: Eure EP heißt 'Fuck Heartbreak, I’m Over It' – der Titel klingt mehr nach Schlussstrich als nach Debüt. Ein Abschluss oder ein Aufbruch?

Fee: Ein Abschluss, der im Aufbruch mündet, würde ich sagen. Die Songs der EP handeln neben dem Schmerz auch immer wieder vom Wunsch nach Veränderung und Abschluss, und ich glaube, dass 'Songs About You' und 'A Piece Of My Heart' das Gefühl des Abschlusses und Aufbruchs ganz gut einfangen können. Ein kleines bisschen trauriges Herz bleibt da natürlich trotzdem zurück. Aber das ist auch sehr okay!

BG: Eure Songs bewegen sich zwischen Pop-Punk und Emo – wie findet ihr die Balance zwischen Energie und Melancholie in eurer Musik?

Fee: Das macht jeder Song irgendwie individuell. Manchmal bewegen wir uns eher in die eine, manchmal in die andere Richtung. Bei 'Songs About You' sind wir aber beispielsweise mit Absicht etwas mehr in die Punk-Richtung gegangen. Im Prozess des Schreibens stimmen wir uns immer wieder ab und überlegen, wo es hingehen soll – klanglich und gefühlstechnisch – und so fließt dann mal mehr und mal weniger von der einen oder anderen Welt mit ein.

BG: Soundtechnisch lasst ihr euch hörbar von großen Pop-Punk- und Emo-Größen inspirieren, geht aber auch musikalisch eigene Wege, z. B. mit akustischen Elementen. Gibt es kompositorische bzw. produktionstechnische Momente auf der EP, die ihr besonders hervorheben möchtet bzw. auf die ihr besonders stolz seid?

Arne: Das lässt sich schwer sagen. Jeder Song hat seine eigene Geschichte und seinen ganz individuellen Entstehungsprozess. Was jedoch für uns als Band besonders bedeutungsvoll ist, ist die Tatsache, dass wir alles in Eigenregie machen. Von der ersten Idee und Melodie bis zum finalen Mix liegt jeder Schritt im Songwriting und der Produktion in unseren Händen.

BG: Ihr beschreibt eure Musik als emotionale Gratwanderung zwischen Wut und Akzeptanz, Trauer und Befreiung. Welcher Song auf der EP ist für diesen Kontrast besonders zentral?

Fee: Für mich ist das 'A Piece Of My Heart'. Hier komme ich endlich da an, wo ich sein will – gefühlstechnisch. Hier kann ich endlich sagen: "Das ist mein Herz und ich nehme es mir zurück. Es ist gut, dass es so ist."

BG: Ihr beschreibt eure Musik auch als Reaktion auf eine Zeit, in der der kritische Blick nach innen oft vernachlässigt wird. Wie schafft ihr es persönlich, in einer Welt voller Ablenkungen Raum für echte Emotionen und Selbstreflexion zu lassen?

Fee: Musik machen ist für mich genau das. Da bin ich fast dazu gezwungen, nach innen zu schauen, und das ist auch der Raum, den ich mir dafür gerne nehme. Und wenn dann daraus eine neue Songidee entstehen kann, ist das natürlich umso schöner!

BG: Eure Songs handeln von Trennung, Schmerz und Befreiung. Möchtet ihr ein paar besondere Momente oder Glaubenssätze eures Lebens teilen, die euch geprägt haben und von denen viel in eurer Kunst steckt?

Fee: Für mich steckt die Musik im Herzen. Sie hat mich bislang durch viel Herzschmerz begleitet und bahnt sich jetzt den Weg hin zu anderen Themen – stay tuned für Mental-Health-themed Songs ;)

BG: Die Chemie zwischen euch scheint etwas Besonderes zu sein – ihr kennt euch zum Teil seit Kindheitstagen. Wie beeinflusst diese enge Verbindung eure Musik bzw. euren Songwriting-Prozess? Wer übernimmt welche Aufgaben, und wie geht ihr mit Hierarchien im Bandgefüge um?

Arne: Jeder von uns trägt seinen ganz eigenen Teil zu den Songs und der Struktur drumherum bei. Wir können uns aufeinander verlassen und wissen, dass alle versuchen, das Beste aus sich und den Songs herauszuholen. Eine Band ist ein recht komplexes Geflecht. Es ist wichtig, den richtigen Umgang miteinander zu finden. Unsere langjährige Freundschaft hilft uns sicherlich dabei, den passenden Ton in der Kommunikation zu treffen und uns gegenseitig zu motivieren.

Meine Texte sind queer, weil ich queer bin, und ich bin stolz darauf, ein Teil der queeren Community zu sein und das auch zu zeigen. (Fee)

BG: Fee, du bist auch als Solokünstlerin aktiv und bewegst dich dort in elektronischen, introspektiven Gefilden. Wie unterscheidet sich dein kreativer Prozess bei This Time For Real von deiner Solomusik? Was gibt dir das Bandgefüge? Was nimmt es dir aber vielleicht auch in puncto Freiheiten?

Fee: Ich fühle mich im Bandkontext tatsächlich erstmal sehr entlastet. Mir gefällt die Zusammenarbeit sehr. Vor allem, weil ich ja aus einer ganz anderen musikalischen Richtung komme, wäre ich alleine erstmal gar nicht dazu in der Lage, solche Songs zu schreiben. Hier kann ich mich dann ganz auf Melodie und Text konzentrieren, und das finde ich sehr angenehm. Auch gefällt mir der Austausch sehr. Wenn ich manchmal für einige Songs etwas zu indie-poppig dahersinge, gibt Arne mir punkigere Ideen an die Hand. Ich glaube, ich profitiere in meiner Kreativität sehr von diesem Bandgefüge, da es mir neue Klangwelten eröffnet, die ich sonst vielleicht gar nicht betreten hätte. Dafür bin ich sehr dankbar.

BG: Beim Queer Music Festival zelebrieren wir queer bewusst als Identitätslabel von Musik-Acts. Wie steht ihr zu dieser Kategorisierung?

Fee: In einer idealen Welt würde ich sagen, braucht es das Label nicht. Aber auch im Jahr 2025 sehen sich queere Menschen weiterhin Diskriminierung und Ausgrenzung ausgesetzt – und zwar auch auf politischer Ebene. Deswegen denke ich schon, dass das queere Label für mehr Sichtbarkeit wichtig ist. Meine Texte sind queer, weil ich queer bin, und ich bin stolz darauf, ein Teil der queeren Community zu sein und das auch zu zeigen.

BG: Letztes Jahr hat Fee bereits bei der 'Queer Music Night' in Leipzig solo performt. Auf welche Performance-Highlights können wir uns diesmal mit Band freuen?

Arne: Das ist eine sehr gute Frage. Es werden auf jeden Fall mehr Personen auf der Bühne stehen, und etwas lauter könnte es auch werden. Die Show auf dem 'Queer Music Festival' wird unser zweites Konzert als Band sein. Lassen wir uns also überraschen.

BG: 'Fuck Heartbreak, I’m Over It' – sowohl ein kraftvoller Abschluss, als auch ein vielversprechender Aufbruch. Wohin soll die Reise für This Time For Real 2025 gehen – musikalisch, emotional, ganz konkret?

Fee: Auf die Bühne! Musik rauszubringen ist toll, aber sie live zu spielen, ist für uns noch ganz neu. Wir freuen uns, unsere Songs live auf die Bühne bringen zu können und wir sind gespannt, wie wir uns damit entwickeln.

Von Herzschmerz zu Bühnenenergie – This Time For Real sind bereit für den nächsten Schritt. Nach ihrer Debüt-EP folgt nun der Sprung auf die Live-Bühne. Am 26. April 2025 spielen sie beim 'Queer Music Festival' in Leipzig – und wenn man ihren Antworten hier glaubt, wird das nicht nur laut, sondern auch emotional. Fuck Heartbreak? Klingt nach einem Plan!

  • Interview Mario Hartwig
  • Fotos Ralph Baiker, Dingsfilm